Als hellsichtigen Theologen mit Herz wurde der Bürgerrechtler und Publizist Friedrich Schorlemmer angekündigt und die zahlreichen Besucher der Veranstaltung im Marburger TTZ hörten gespannt zu, wie er von Erinnerungen an sein Zuhause in einem altmärkischen Pfarrhaus, seinem Leben in der DDR und vom Fall der Mauer und vom Leben seither in Ost und West erzählte: „Ich hatte eine Heimat nicht wegen des Systems, sondern trotz des Systems.“ Schorlemmer sprach auf Einladung der Wählerinitiative „Wir für Sören Bartol“ über Heimat und Werte. In seinem neuesten Buch „Wohl dem, der Heimat hat“ ruft er dazu auf, sich der Wirklichkeit mutig zu stellen, Heimat und Herkunft zu erkennen und zu bejahen, um schließlich bei sich selbst ankommen zu können.
Schorlemmer trat engagiert dafür ein, den Erinnerungsbegriff zu entemotionalisieren. Die Erinnerungen dürfen uns nicht von der Gegenwart abhalten. Vehement wandte er sich gegen interessengeleitete Vergangenheitspolitik, die Gegenwartskritik unterlässt, wie gegen verlogene Verklärung, die alles Gegenwärtige bemäkelt. Die DDR will er weder verharmlost noch dämonisiert wissen. Die DDR-Vergangenheit sieht er heute zwar gnädiger aber nicht weniger kritisch. Und das ist ein Anliegen seines Buches: Versöhnung als Ziel, die nicht leicht zu haben sei, sondern Schwerstarbeit. (EW)